Ein künstlerisch anmutendes Road-Movie mit einem in der Form noch nicht gesehenen Gérard Depardieu in der Hauptrolle. Mit der Intention, seine finanzielle Situation aufzubessern, begibt sich ein Rentner auf eine Reise in seine Vergangenheit.
Sein Leben lang hat Serge Pilardosse (Gérard Depardieu), genannt Mammuth, gearbeitet, die letzten Jahre in einem Schlachthof am Fließband Schweine zerlegt, doch nun sind seine Tage als Arbeiter gezählt. Mit einer vom Vorgesetzten von einem Blatt abgelesenen Lobes- und Dankesrede vor versammelter Belegschaft und einem Puzzle als Abschiedsgeschenk wird er in Rente geschickt.
Was er nun mit der gewonnenen Freizeit anfangen soll, ist Serge noch nicht ganz klar. Puzzeln ist nicht sein Ding und auch das Vorhaben, seiner Frau Catherine (Yolande Moreau) im Haushalt zu helfen, endet damit, dass er die falschen Dinge einkauft oder sich beim Versuch, die Klinke der Badezimmertür zu reparieren, selbst darin einsperrt. Auch um seine Rente ist es nicht gut bestellt, fehlen Serge doch wichtige Arbeitsnachweise, um wirklich das zu bekommen, was ihm zusteht. Also schlägt Catherine ihrem Mann vor, sich auf seiner alten Münch-Mammut auf den Weg zu seinen alten Arbeitgebern zu machen.
Nach all den Jahren erntet Serge jedoch vor allem Missfallen über sein unerwartetes Auftauchen. Kaum einer seiner alten Arbeitgeber ist auffindbar, stattdessen begegnet der gutmütige, alte Mann Menschen, die ihn nicht kennen, ihn entweder kurzfristig für ihre Zwecke einspannen oder ihn sofort davonjagen. Von manchen wird er belächelt und von anderen ignoriert, da auf dem Grund so manch eines alten Arbeitsplatzes mittlerweile ein neues Unternehmen steht.
Erst als er bei seinem Vorhaben, seinem Bruder, den er jahrelang nicht gesehen hat, einen Besuch abzustatten, auf seine Nichte Miss Ming (Miss Ming) trifft, beginnt sich eine Veränderung auf Serges Reise abzuzeichnen. Warmherzig und freudig wird der geschlagene, bisher nur mit Ablehnung konfrontierte Mann von diesem eigenartigen, etwas weltfremden Mädchen, deren Leidenschaft es ist, Kunstgebilde als Stofftieren und Puppen zu formen, aufgenommen. Neue Perspektiven auf sein Leben eröffnen sich und Serge beginnt zu begreifen, dass es an der Zeit ist, loszulassen.
Eine verrückte Welt
'Mammuth' ist mit Sicherheit eines nicht, nämlich ein Film für Jedermann. Nicht nur, dass es so manchem Besucher des Mainstream-Kinos schwer fallen wird, sich mit der Bildqualität dieses Films abzufinden, die eher den Aufnahmen einer Kamera entspricht, die Hobby-Filmer für ihre Homevideos verwenden. Dazu kommt noch, dass man mit einem Haufen eigenartiger Menschen konfroniert wird, denen es zwar an einigen Stellen gelingen mag, ein Lächeln zu erzeugen, aber zum großen Teil doch für eine gewisse Irritation sorgen. Die Kunstsinnigkeit, die dem Film innewohnt, erreicht ihren Höhpunkt in der Figur von Serges Nichte Miss Ming. Nicht jedem wird es ein Leichtes sein, ihren Kunstgebilden etwas abgewinnen zu können und die Eigenartigkeit, die ihrem Verhalten und ihren Aussagen zugrunde liegt, nicht dem Klischee einer Künstlerin, die in ihrer eigenen kleinen Welt lebt, zuzuordnen.
Serge und die Frauen
Ein ständiger Begleiter auf Serges Reise in seine Vergangenheit ist seine längst verstorbene und ehemals große Liebe Yasmine (Isabelle Adjani), die ihm in den Momenten der Rückschläge, die sein Road-Trip für ihn bereit hält, stets zur Seite steht und ihn immer wieder neuen Mut fassen lässt, indem sie ihm ihre immerwährende Liebe versichert.
Jede Frau in Serges Leben trägt auf ihre eigene Weise dazu bei, ihn voranzutreiben und auf seinem Prozess der Selbstfindung zu begleiten. Catherine gibt ihrem Mann den Anstoß, seine Reise zu unternehmen. Trotz ihrer etwas tadelnden Art spürt man ihre Liebe zu Serge und ihre gutmütige Akzeptanz in Bezug auf seine „Tollpatschigkeit“. Miss Ming eröffnet ihrem Onkel Zugänge zu einer anderen Sichtweise auf die Welt und sein bisheriges Leben. Und Yasmine stärkt ihm in schweren Momenten den Rücken, bringt Serge aber gleichzeitig dazu, sich endlich von seiner Vergangenheit zu lösen, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren und die auf seinem Lebensweg vielleicht etwas verloren gegangene Liebe zu Catherine neu zu entdecken.
So ist die abschließende Botschaft des Films trotz seiner künstlerischen und zugleich auch eigenwilligen Umsetzung eine doch recht einfache: Arbeit allein macht nicht glücklich und viel zu oft verwehrt man sich durch zu viel Arbeit die Chance, die fundamentalen Dingen des Lebens, wie etwa in diesem Fall die Liebe zu seiner Frau, zu genießen.
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